Kapitel 7: Heimat
Kathrin stieg aus ihrem Cockpit aus und sah, wie Maik wieder putzmunter war. Sie lächelte ihn an und sagte erfreut: „Dir scheint es wieder gut zugehen. Sabrine scheint eine gute Ärztin zu sein.“ Die angesprochene winkte ab und entgegnet ihr knapp: „Grundkurs bei der Regolith. Wir können uns glücklich schätzen, dass dein Medizinkasten gut ausgestattet war.“ Kathrin nickte und ging Richtung Schleuse. Sie ermahnte die Beiden mit einem Wort der Warnung: „Was auch immer ihr tut, verhaltet euch bitte nicht wie Imps!“, Sie hielt kurz inne. Ihr war es peinlich, die beiden Überlebenden abschätzig als Imps zu bezeichnen und korrigierte hastig nach, „Ähm, wie Arschlöcher! Wir versuchen hier einfach nur zu leben. Verscherzt es euch hier mit niemandem, denn es kann nur schlecht für alle beteiligten ausgehen.“ Maik nickte ihr zu und beide versprachen offen gegenüber den Bewohnern des Nests zu sein.
Dann öffnete Kathrin die Luke und die abgestandene Luft drang in ihr Schiff ein. Sabrine rümpfte die Nase, sie war besseres gewohnt. Maik fühlte sich zurückversetzt, als wäre er wieder in einer der ärmeren Sektionen auf der Alexa Station. Die Drei gingen hinaus und der Lärm des Hafenbetriebs gelang an ihre Ohren. Maik grinste. Kathrin bat die beiden Imperialen, ihr zu folgen. Sie führte sie durch stillgelegte Minenschächte, die zu Straßen umfunktioniert wurden. Maschinenteile zeugten noch von der Arbeit, die hier vor langer Zeit verrichtet wurde.
Kathrin sah, wie Sabrine fragend drein blickte und erklärte ihr: „Tempin war einst eine Bergbauanlage des Imperiums. Aber nachdem nichts mehr hier zu finden war, gaben sie die Anlage auf. Wenige Zeit später, als wir uns sicher waren, dass die Luft rein war, haben wir hier gesiedelt.“ Schlussendlich kamen sie vor einer Gebäudefront stehen. Von außen sah es wie ein Radiostudio aus, überall waren Fernsehdisplays aufgehängt die nichts anzeigten. Kleine Gerätschaften waren in den Schaufenstern verstreut und über dem Eingang war weißer Farbe von Zilas Studio die rede.
Kathrin ging als erste durch die Metalltür hindurch. Sabrine und Maik folgten ihr in den noch voller zugestellten Raum. Auf einem Tresen war ein ausgeschlachtetes Gerät ausgebreitet. Kathrin rief nach Zilas. Es lärmte aus dem Hinterstübchen und Zilas kam heraus. Die beiden umarmten sich überschwänglich und Kathrin meinte das sie nicht zum Spaß hier wäre. Sie stellte Maik und Sabrine vor und kam dann zum Punkt: „Wir brauchen deine Hilfe. Die beiden hier sind überlebende eines Piratenangriffs.“ Zilas entgleiste sein Gesicht und Kathrin musste ihn erst einmal beruhigen. „Der Piratenangriff kam nicht von ungefähr. Der Solaire Konzern hat ihn beauftragt um der Regolith zu schädigen.“ Sabrine vervollständigte ihre gemeinsame Absicht: „Davon muss jeder im Imperium erfahren!“ Zilas Augen funkelten: „Oh, das ist sehr gut. Die Toten verlangen Gerechtigkeit!“ Sabrine tauschte Blicke mit Kathrin und Maik aus und nickte dann. Zilas schlug seine Hände zusammen und forderte eine Gegenleistung: „Sehr gut, ich setze mich gleich dran. Aber ich brauche etwas von euch. Wisst ihr von der Expedition zu den äußeren Planeten?“ Maik gab zu verstehen: „Ja, es gab vor ein paar Jahren ein Versuch Pim zu erforschen. Kurz danach war nichts mehr im Imperium davon zu hören.“ „Das ist richtig, Maik. Aber ich sage euch, da ist immer noch etwas. Und ihr sollt das etwas für mich finden.“ Kathrin entgegnete ihm: „Die Aasgeier ist kein Forschungsschiff. Das wird Tage dauern, bis wir zum Gasriesen kommen. Aber gut, das bekommen wir hin.“ „Gut. Gut. Ich brauche euch zwei noch hier damit wir eine gute Story daraus machen können. Natürlich nur die Wahrheit, aber etwas aufgepuscht“, bat Zilas Maik und Sabrine zu bleiben. Kathrin übergab das ARA von Filipe und verließ dann das Gebäude. Sie steuerte den Piratenhafen wieder an damit sie sich um die Aasgeier zu kümmern und für die lange Reise und für ihre zwei neuen Crewmitglieder fit zu machen.
In Zilas Shop erklärten Maik und Sabrine haargenau was vorgefallen war. Zilas hörte den Ausführungen zu und erzeugte Visualisierungen des Vorfalls und spielte den Traumatisierten nach jeder Änderung wieder vor. Dann wandte er sich einem anderen Detail zu und bettete die Aufzeichnungen über die Erpressung von Filipe in den Nachrichtenbeitrag ein.
Nach wenigen Stunden war er zu Frieden mit seinem Werk und spielte abschließend den gesamten Beitrag den Zeugen vor. Sabrine kamen die Tränen, da sie erneut mit ansehen musste, wie die Oblate-B Piraten zerstört und ihre Freunde getötet wurden. Maik versuchte Fassung zu bewahren und blickte zu seiner Freundin die sich an seine Schulter gelehnt hatte. Er spürte, wie sie mit ihren Gefühlen kämpfte und drückte sie tröstend. Zilas nahm eine knappe Notiz von den Reaktionen seines Publikums. Nachdem die Vorstellung abgeschlossen war klatschte Zilas zum Applaus und bedankte sich bei den beiden: „Danke für euer Mitwirken. Wenn alles gut läuft, sollte der Bericht heute Abend auf allen Frequenzen laufen. Ich schicke meinen Boten gleich los.“ Zilas zog seinen neu beschriebenen Datenträger aus seinem Computer und wedelte damit: „Das wird der Solaire absolute nicht gefallen.“ Maik und Sabrine bedankten sich schwach bei Zilas und verließen sein Studio. Maik und Sabrine standen draußen und wirkten verloren. Zilas verließ gerade sein Büro, schloss hinter sich ab und wünschte ihnen einen guten Tag. Dann machte er sich auf um einen geeigneten Piloten zu finden. Maik blickte Sabrine fragend an und sie zuckte ermattet mit ihren Achseln. Die unruhig laufende Belüftungsanlage war das einzige, was gerade in diesem Moment zu hören war.
„Meinst du, die haben hier etwas anderes als Proteinmasse? Ich verhungere“, durchbrach Maik mit einem Scherz die Stille, aber Sabrine war nicht zu Scherzen aufgelegt. Sie stand wieder kurz davor zu weinen. Er blickte sie an und wischte ihre Tränen aus ihrem Gesicht. „Ich weiß, wie schlimm es für dich gewesen sein musste, das ganze nochmal durchleben zu müssen. Ich hatte selbst ein paar Freunde verloren. Aber wir müssen jetzt stark bleiben, hörst du?“, versucht er sie zu ermuntern. Sabrine nickte langsam und ließ sich von Maik führen. Maik aber war genauso verloren im Nest wie sie und funkte deswegen Kathrin an, um nach Essensempfehlungen zu fragen. Sie empfahl das Gravity's Haven am Raumhafen. Sie meinte dort könne man gut Essen und schickte eine Speisekarte mit. Maik ging zusammen mit Sabrine durch und beide stellten fest, dass die ganzen Gerichte, die dort aufgelistet waren, alle auf Pilzbasis waren. Maik kicherte kurz, als er an die Proteinmasse-Variationen auf der Oblate-B dachte. Sabrine blickte ihn von der Seite fragend an, doch dieser winkte und deutete auf die fehlende Zugriffsrechte, um die Route zu berechnen. Er nahm es locker mit den Worten: „Dann müssen wir uns eben durchfragen.“ und beide gingen Hand in Hand wieder zurück zum Raumhafen.
Zilas währenddessen klingelte seine Liste an Kontakten durch, alle waren beschäftigt oder gerade nicht verfügbar. Er kam am Ende seiner Liste an und seufzte als sein Finger über Burton Klein innehielt. Burton war die meiste Zeit betrunken oder auf einem Pilz-Trip und doch konnte er stets seine Mission erfolgreich abschließen. „Ich muss das Programm anpassen damit ich nicht mit ihm mitfliegen muss“, nahm sich Zilas vor und drückte zum Anruf auf den Kontakt. Es dauerte paar Momente aber er nahm ab. Der Rausch der Phosphorpilze klang in seiner Stimme und er brauchte lange um sich zu artikulieren: „Heyda, Zilas. Rora von dir mal wieder was zuhören. Was gibt's?“ Zilas kniff sich seine Augen zu, atmete tief ein und antwortete ihm dann schließlich: „Hey Burton, ja es gibt was. Ein Kurierdienst. Ich muss mit dir reden, wo steckst du?“ Zilas hörte wie Burton sich von hastig von seinem knirschenden Bett erhob. Im Hintergrund konnte Zilas noch eine weibliche Stimme hören als er ihm antwortete: „Da wo ich seit Monaten sehnsüchtig auf dich gewartet hatte, in 'Heights. Kennst ja mein Standort.“ Burton warf der Frau im Hintergrund etwas zu, welche damit nicht gerechnet hatte und kurz aufschrie. „Aber schön, dass du dich wenigstens ankündigst. Wann kommst du?“ „Ich mach’ mich gleich auf den Weg“, antwortete Zilas und beendete die Kommunikation. Er seufzte, ging nocheinmal seine Kontaktliste durch, musste aber eingestehen, dass sein Ex seine einzige Hoffnung war. Er ging zur nächsten Haltestelle der Stationsbahn.
Zilas kam gerade rechtzeitig und die Bahn fuhr gerade an der Haltestelle ein. Ein großer Pulk an Menschen warteten schon. Auch wenn man die andere Distrikte über die Tunnel bequem erreichen konnte, so war die stets überfüllte Stationsbahn der schnellste Weg. Die Bahn machte halte und die Türen schwangen auf. Eine Handvoll verließen die Gondeln und ein dutzend mehr drängelten sich hinein. Zilas drängelte sich als erster hinein und konnte sogar einen Sitzplatz ergattern. Beatmusik von Tempin beschallte das innere. Ein kurzes Signal ertönte und die Bahn nahm fahrt auf.
Maik und Sabrine fragten sich bei anderen sehr freundlichen Passanten durch und fanden sich schnell vor dem Gravity's Haven wieder. Nur ein Aussteller zeugte davon das dies ein Lokal gewesen ist, der Rest der Gebäudewände war voller neonfarbenem Graffiti bemalt. Sabrine versuchte die Zeichen zu deuten, war ihr aber nach mehrminütigen drauf sehen einfach nicht gelang. Maik kannte zwar von den ärmeren Sektionen der Alexa Station ähnliche Wandmalereien, doch mit diesen hier auf Tempin hatten sie nichts gemeinsam. Die beiden tauschten sich Blicke aus und gingen dann schlussendlich ins Haven.
Banjomusik und eine männliche Gesangsstimme war das Erste, was sie wahrnahmen. Die Stimme lamentierte die Ausbeute von Monad und erinnert an vergangene Zeiten. Die Musik kam nicht über Lautsprecher, sondern in der Mitte des Raumes saß wirklich jemand, der auf dem Banjo klampfte. Dazu kam immer wieder mal eine Mundharmonika, welche die melancholische Stimmung noch einmal verdeutlichen sollte. Qualm von Rauchkräutern brannte in den Augen der Beiden und hinterließ ein süßliches Aroma in der Nase. Nachdem ihre Augen sich langsam an die Atmosphäre gewöhnt hatten, sahen sie den Rest der Lokalität. Eine lange Theke, an dem ein Schankwirt sich um seine Gäste kümmerte. Sitznischen in denen andere Gäste saßen und miteinander quatschten, aßen und tranken. Zwei Paare tanzten vor dem Banjo-Mann auf der Tanzfläche. Sabrine sah sich um und erspähte eine leere Nische, wo sie Maik hinzog.
Ein Kellner hatte sie bereits beim Betreten bemerkt und beobachtet und, als sie sich dann hinsetzten, kam zu ihnen an den Tisch. Er musterte die beiden und schickte ihnen dann die Speisekarte des Gravity's Haven mit einer Wischbewegung zu. Er hatte eine raue Stimme, war aber, auch wenn er die Fremdartigkeit von Sabrine förmlich schmecken konnte, höflich und zuvorkommend: „Willkommen im Gravity's Haven. Ich heiße Harmond und bin euer Kellner. Falls ihr zwei Fragen habt so stehe ich euch gern zur Verfügung. Was darf es sein, etwas zu trinken, etwas zu essen?“ Maik und Sabrine hatten zwar auf dem Weg hierher bereits die Speisekarte studiert, konnten aber mit den Gerichten nicht viel anfangen und so fragten sie ihn: „Danke Harmond, wir wissen selber nicht, was wir gern’ möchten. Es klingt alles so fremdartig, aber auch lecker. Also wenn du uns etwas empfehlen kannst, bitte“, sagte Sabrine mit einem Lächeln. Dann begann Harmond die Speisekarte zu erklären und empfahl am Ende das Umami Pilzsteak. Die beiden konnten sich darunter nicht viel vorstellen aber bestellten dies dann mit einem guten Schluck Wasser. Harmond nahm die Bestellung mit einem Lächeln entgegen und ging zu den anderen Tischen, um weitere Bestellungen aufzunehmen.
„Nächster Halt, Aurora Heights Central. Ausstieg in Fahrrichtung rechts“, vermeldete die automatische Ansage der Stationsbahn. Neben Zilas machte sich ein verliebtes Pärchen bereit, hier auszusteigen. Die beiden Männern befreiten sich aus ihrer Liebkosung und als sich ihre Blicke mit denen Zilas kreuzten, lächelte er ihnen lediglich zu. Ihm kamen keine weiteren Passagiere entgegen und die Luft schmeckte nach einer Melange an Aromen. Er hielt kurz inne und beobachtete die Station. Der Geruch von künstlichem Ozon wurde über die Belüftungsanlage verbreitet und mischte sich mit den aromatischen Gerüchen, die ihm vom Markt gegenüber einluden.
Händler veräußerten hier Gewürze und Pasten, welches das einzige war, was den Pilzen, welche die Hauptnahrungsquelle auf Tempin war, ein wenig Variation verpasste. Das Pärchen rempelten ihn an, sie waren zu sehr in ihre eigenen Gesichter vergraben, als dass sie auf den Weg achten konnten. Zilas entschuldigte sich dafür, dass er im Weg stand und wünschte ihnen einen guten Abend, was die beiden freundlich erwiderten. Zilas ließ sein ARA für ihn eine weiterführende Route, die ihn zu Burton bringen solle, suchen und ging derweil auf den Gewürzmarkt, um ein passendes Gastgeschenk zu erstehen.
Der durchtrainierte Burton öffnete Zilas im Duschmantel die Zimmertür. Zilas konnte Schweiß auf Burton's Haut sehen und er wusste, dass Burton den Mantel lediglich an hatte, um von seinem Trip abzulenken, auch wenn er dennoch darin sehr scharf aus sah. Der Besucher übergab dem Verschwitzten ein Gewürzglässchen. Burton blickte es lange an, um etwas auf dem Etikett erkennen zu können und bat währenddessen Zilas hineinzukommen. Im Hintergrund lief lautlos auf einem viel zu großen Display ein Unterhaltungsprogramm der Raumträumer. Sanfte Töne, die nicht zum Bild passten, dudelten auf Lautsprechern.
Dann konnte er endlich das Etikett in seinem Rausch, welcher seine Augen benebelten, erkennen. „Danke für das Salz, Zilas. Kann ich dir was anbieten?“, fragte Burton. Zilas dieser schüttelte aber nur den Kopf. „Wer war das im Hintergrund?“, fragte er neugierig. Burton holte gerade eine Bierflasche aus dem Kühler und wirkte nachdenklich. Dann zuckte er mit den Achseln, als ihm keine passende Antwort einfiel. „Niemand wichtiges für dich. Aber dein Kurierdienst schien ja wichtig zu sein, sonst hättest du mich nicht angerufen, huh?“, entgegnete Burton verbittert. Zilas stand ihm am Küchentresen gegenüber und schickte ihm per Wischgeste ein Datenpaket, welches er vorhin mit Maik und Sabrine zusammengeschnürt hatte. Er kommentierte Burtons Empfang: „Ja, diese Sendung hier. Die muss so schnell wie möglich ins imperiale Kommunikationsgitter eingespeist werden …“ Burton schob das Video auf sein Display, um es sich besser ansehen zu können. Er nahm einen Schluck von seinem Bier und ließ Zilas weiter erzählen: „… diese Solaire hat uns benutzt, um einem Konkurrenten zu schaden. Das können wir nicht auf uns sitzen lassen!“ Burton verfolgte die simulierte Zerstörung der Oblate-B mit einem manischen grinsen. „Und der Rat hat dem natürlich zugestimmt, ja?“, fragte Burton den Informationshändler. „Nein, noch nicht. Aber wir sollten nicht damit warten! Ich kann den Rat sicherlich von der Wichtigkeit überzeugen“, meinte Zilas zuversichtlich. Burton stellte seine leere Flasche auf den Tresen zurück und zog das Schauspiel wieder auf sein ARA wo es auf einem AR-Display weiter lief. „Okay, ich mach’ mich noch kurz frisch und heb dann ab“, akzeptierte Burton den Auftrag und blickte verschmizt Zilas an: „Also, unter meiner Dusche ...“ Zilas fand das Angebot zwar verlockend, musste aber ablehnen: „Nein, aber danke Burton! Sag mir einfach Bescheid, wenn du abgehoben bist.“ „Ja, hast vermutlich recht. Ich geb’ dir Bescheid“, sagte Burton zum Abschied und ging ins Badezimmer. Zilas stand nun alleine im Raum, verließ dann aber auch wortlos Burtons Apartment.
Kathrin war gerade dabei, die letzte Schraube am letzten Sitz festzumachen, da machte ihr ARA sie auf eine neue Nachricht aufmerksam. Sie ging aus der Hocke und spielte Zilas Nachricht ab. „Das Datenpaket geht in den nächsten Stunden raus. Ich muss aber zuvor noch etwas am Unity Plaza erledigen. Ich melde mich, sobald ich hier durch bin“, gab er ihr zu verstehen. Kathrin rüttelte zur Sicherheit noch einmal am Sitz, doch dieser hing an der Rückwand des Cockpits, als würde er schon immer dort gewesen sein. Zufrieden kletterte sie aus dem Cockpit und verließ das Schiff. Sie rief Sabrine übers ARA an: _„Lola, Sabrine! Bist du und Maik noch am Gravity's Haven?“ „Ja, wir sind noch hier. Haben gerade unser ... was war das noch gleich?“ fragte Sabrine Maik woraufhin dieser die Antwort gab: „Ein Pilzsteak.“ „Ja genau. War interessant, aber lecker. Wir warten hier auf dich“, vervollständigte sie ihren Satz. Die Pilotin der Aasgeier gab den beiden zu verstehen, dass sie gleich vorbeikomme und sie ein Bier für sie mitbestellen solle.
Keine zehn Minuten später gesellte Kathrin sich zu Sabrine und Maik an den Tisch und Harmond stellt das gezapfte Bier auf den Tisch. Kathrin bedankte sich beim Kellner dafür. Nach einem erfrischenden Zug wandte sie sich zu den Imperialen: „Ich hab eben von Zilas gehört, dass das Paket bald auf Reisen geht. Und ich wollte euch fragen, ob ihr weiter mit mir fliegen wollt? Es war zwar Teil der Abmachung, aber ich kann verstehen, wenn ihr nicht mehr mitmachen wollt.“ Sabrine war gerade am Trinken und so nahm sich Maik heraus für beide zu sprechen: „Schwachsinn. Wir kommen weiterhin mit. Wie du sagtest, es ist Teil der Abmachung.“ Sabrine nickte und wischte sich Bierschaum von ihren Lippen. Sabrine meinte dann: „Abgemacht ist abgemacht. Du sorgst weiterhin für unsere Sicherheit. Stimmt's? Und wir halten dir deinen Rücken frei.“ Kathrin reichte ihr ihre Hand und Sabrine erwiderte die Geste. Maik vervollständigte den Dreihandschlag und fragte Kathrin dann abschließend: „Sobald wir mit dem Job fertig sind, zeigst du uns deine Heimat, ja?“ Sabrine rümpfte die Nase, doch konnte sie sich Maik's Euphorie nicht erwehren, und sie musste sich eingestehen, dass ihr langsam das Ambiente ebenfalls gefiel. „Ja sicher, ich zeig’ euch gerne später die Station.“ * * * Zilas atmete tief ein und betrat das kuppel förmige Ratsgebäude am Unity Plaza. Er musste schon öfter sich vor dem Rat verantworten, doch das brachte seine Arbeit als Informationshändler einfach mit. Doch nie war er gezwungen sich zusätzlich auch noch für Kathrins Handeln, Imps, so wurden imperiale Bürger abschätzend bezeichnet, hierher zubringen. Er musste zugeben, dass Sabrine und Maik von einer anderen Sorte imperialer Bürgern gewesen sind. Der Sekretär war schon über sein Kommen informiert und lächelte ihn freundlich an. „Mal wieder etwas vor, Zilas?“, fragte dieser ihn, aber Zilas entgegnete ihm: „Nein, schon getan. Kann ich hineingehen?“ Der Sekretär stand auf und deutete Zilas wortlos die Tür zum Rat. Die Tür schwang automatisch auf und eine angeheizte Debatte im Inneren hallte hindurch. Zilas trat in den blendend weißen und runden Raum hinein, das Skylight in der Decke zeigte den künstlichen Himmel des Unity Plazas in seiner vollen Pracht. Die sechs Ratsmitglieder saßen an einem halbkreisförmigen Konferenztisch und keiften sich an. Eine Alarmuhr ertönte und die Debatte hörte abrupt auf. Die AR Displays, die kreuz und quer im Raum verteilt waren, wurden von den Mitgliedern weggewischt.
Ein Ratsmitglied erspähte Zilas und meinte zu den anderen Kollegen: „Wir vertagen diese Angelegenheit auf Morgen. Wir haben mal wieder Besuch von unserem guten Freund Zilas Munroe.“ Zilas bedankte sich über die Aufmerksamkeit und trat mit seinem Anliegen vor. Mit dem ersten Wort begann die Uhr, welche die letzte Debatte beendete, erneut für fünfzehn Minuten zu ticken. Zilas lies nichts aus und gab alles, was Kathrin, Maik und Sabrine ihm erzählt hatten, wieder. Er warf seine Produktion auf ein AR Display und präsentierte so dem Rat die Highlights. Nach zehn Minuten des Vortrags entschied sich der Rat über das weitere Vorgehen: „Zilas, du darfst diese Nachricht einspeisen. Wir werden jedoch uns wieder zusammenfinden, wenn diese Vorfälle weitere Konsequenzen für die Bewohner von Tempin nach sich ziehen.“ Zilas bedankte sich innigst für diese Entscheidung und verließ das Ratsgebäude. Der kühle Wind wehte ihm um die Nase und er war wie immer zufrieden mit sich und seiner getanen Arbeit. Er rief Burton an um ihm über die Entscheidung des Rats zu informieren. „Rora! Ich mach mich auf dem Weg¨, kündigte Burton seinem Ex sein Abflug an.
Burton war als er von Zilas angerufen wurde bereits an seinem Flieger und wartete lediglich darauf die Startfreigabe zu erhalten. Er wusste das sein Ex ihn nicht enttäusche, ausserdem war die Berichterstattung mehr als gut und zeigte nicht auf Tempin. Burton verankerte sein Vollhelm mit seinem Druckanzug. Er ließ die Schiffssysteme hochfahren und zog während diesem längeren Vorgang das Cockpit zu. Er verband seinen Anzug mit der Luftzufuhr seines Schiffs, sodass seine limitierten Sauerstoffflaschen des Anzugs nicht unnötig strapaziert werden. Die Schiffs-KI begrüßte ihn und alle Instrumente wurden im als AR-Display angezeigt. Ein kurzer Anruf bei der Raumkontrolle später und er bekam die Startfreigabe. Langsam manövrierte er sein Jäger aus dem Raumhafen und damit auch vom Mond weg.
Bevor Burton die Verbindung zum schwachen Kommunikationsgitter von Tempin verlor, rief er noch einmal Zilas an und verkündete seinen unmittelbar bevorstehenden Sprung. Zilas wünschte ihm alles Gute, dann sprang er davon.
Zilas kam gerade an der Aasgeier an und sah wie Maik und Sabrine noch ein paar Frachtkisten einluden. Zilas grinste und fragte die beiden, wo Kathrin sei. Zilas schob sich über die Leiter in das modifizierte Cockpit. Kathrin war gerade dabei auf ihren Knien, den Kühlschrank mit Lebensmitteln aus einer Kiste zu befüllen. Ihre Musik hallte durch den Raum und sie bemerkte ihn nicht. Zilas stand für einen Augenblick nur da, lauschte der aggressiven Musik und beobachtete sie. Kathrin verstaute das letzte Sandwich und verschloss den Schrank, dann blickte sie auf und sah Zilas. Sie zuckte kurz zusammen, fasste sich aber schnell wieder. „Oh Lola. Wie lang stehst du schon so da?“ fragte sie, während sie sich wieder hinstellte. „Nicht lang. Burton ist nun auf dem Weg die Nachricht einzuspielen. Ihr könnt also auch loslegen. Ich hab hier noch etwas“, erklärte Zilas seine Anwesenheit und kramte ein kugelförmiges, handgroßes Gerät aus seiner Tasche. „Burton? Habt ihr euch etwa wieder vertragen?“ fragte Kathrin misstrauisch mit erhobener Augenbraue. Er winkte ab und verneinte ihre Frage. „Mhm schade. Und, was ist das?“ fragte sie und zeigte auf das Gerät, was Zilas neben ihrem Schiffscomputer abgelegt hatte. Er erklärte: „Lediglich ein Abhörgerät. Wenn ihr da ein Satelliten oder ähnliches findet, würde ich dich bitten das Gerät anzuschließen. Ich bin sehr daran interessiert, was das Imperium da draußen sucht oder gefunden hat, und hiermit würde ich unentdeckt bleiben.“ Kathrin ist zu dem Gerät gegangen und nahm es in die Hände. Sie drehte und betrachtete es von allen Seiten. Kathrin kannte solche Geräte aber wollte sich noch einmal in Erinnerung holen, wo die Anschlüsse waren. „Okay, geht klar. Aber das mit Burton …“, sie wollte ihre Neugier stillen und fragte penetrant erneut nach. Zilas seufzte und gab knapp ihr zu verstehen:„Nein, Kathrin, hör auf! Wir haben uns auseinandergelebt. Das wird nichts mehr“, Kathrin schmollte, „Aber wo wir gerade dabei sind. Wie geht es Julie?“ Kathrin lächelte auf seine Frage hin: „Uns geht es gut. Sie ist gerade wieder auf der Alexa Station, aber nicht für sehr lang.“ Zilas lächelte nun auch und begann wieder die Leiter hinunterzuklettern. „Guten Flug euch drein“, wünschte er noch zum Abschied.
Maik und Sabrine luden die letzte Kiste ein und verabschiedeten sich auch von Zilas. Dann verschloss Kathrin die Ladebucht der Aasgeier. Maik und Sabrine machten sich im hinteren Teil des Cockpits bequem, oder zumindest versuchten sie es, denn die von Kathrin installierten Notsitze waren eben nur Notsitze.
Kathrin holte sich die Startfreigabe ein und eine Minute später schwebte die Aasgeier im All. Sie richtete das Schiff auf den äußeren Rand des Hepthar System aus und ließ einen Kurs zum Gasriesen Pim berechnen. „Was meint ihr, werden wir dort wohl finden?“, fragte Maik neugierig in die Runde. „Mhm, vielleicht nur ein haufen Überreste der Kolonieschiffe die das Imperium ausgesendet hatte. Oder einfach nur eine Signalboje die Zilas in den Wahnsinn treiben wollte¨, mutmaßte Kathrin. Sabrine fragte nach den Kolonieschiffen, denn davon hatte sie noch nichts gehört. Kathrin schweifte aus: „Ich weiß nicht wie lang es her war, aber der Imperator wollte weiter als dem Venezia Gürtel nach außen vordringen und um das zu ermöglichen sandten sie mindestens ein Kolonieschiff aus. Natürlich wurde das dann aus der Geschichtsschreibung getilgt weil diese Unternehmung fehlgeschlagen ist. Genauso wie man über den Forschungsschiffen, die Polas erforschen sollten, nichts im Codex herausfindet.“ Sabrine war erschüttert von ihren Ausschweifungen, aber langsam dämmerte es bei ihr, das Imperium hat zwar immer das Wohl ihrer Bürger im Sinne, aber würde vor nichts zurückschrecken, um dieses zu erhalten.
Einsam im All schwebte ein Satellit des sekundären Kommunikationsgitters und war damit beschäftigt alle Datenströme, die es empfing an andere Satelliten im gleichen Gitter weiterzuleiten. Dies tat sie nicht über Antennen, sondern über eine fortgeschrittene Quantentechnologie, womit die Daten nahezu ohne Zeitverlust weitergeleitet werden konnte. Da dies allerdings ein sehr komplizierter und aufwändiger Prozess war, sorgten große Radiatoren dafür, dass die Technik ausreichend gekühlt war. Entlang der zentralen Achse des Satelliten waren eine Reihe von Reaktoren angebracht, um die Installation mit ausreichend Strom zu versorgen. Was dieser Satellit aber nicht wusste war, dass niemand mehr mit diesem seit einer sehr langen Zeit kommunizierte, jedenfalls niemand vom Imperium, und die Daten, die es gewissenhaft weiterleitete, stets die gleichen waren, die vor Jahren ein Pirat bei der Erbeutung der Anlage in einer Rückkopplungsschleife in das System eingebettet hatte. Ein Schiff näherte sich dem einsamen Satelliten, dieser würde aber mit diesem kommunizieren.
Burton nährte sich langsam der Installation und empfing die Aufforderung zur Datenfreigabe. Wenige Meter entfernt passte er den Kurs und Geschwindigkeit des Satelliten an um nicht davon weg zu driften. Jede Aufforderung lehnte er ab, denn er würde einen anderen Weg gehen um die Nachricht einzuspeisen. Er trennte seine Verbindung mit dem Schiff und stieg aus den Jäger aus. In Schwerelosigkeit manovrierte Burton mit den Steuerdüsen seines Druckanzuges auf die Installation zu, die ohne Gnade ihn mit Aufforderungen zur Datenfreigabe belästigte. Die Sonnen lagen hinter hin und er warf Schatten auf das blanke Metall vor ihm. Er griff nach einer Halterung und holte ein Datenkabel hervor womit er sein ARA mit einem Anschluss, welcher eigentlich zur Wartung der Anlage benutzt wird, verband. Zilas Magie spielte auf dem Computergerät eine leise, aber nicht weniger destruktive, Musik.
Burton blickte um sich während das Hackprogramm seine Magie entfaltete. Er sah in weiter ferne ein paar kleinere Anlagen die um den Satelliten angeordnet waren. Er konnte sich nicht daran erinnern das diese Abwehrsysteme je einem Piraten gefährlich wurden. „Funktionierten diese überhaupt?¨, fragte sich Burton gerade als die Verbindung zum Satelliten gesichert war. Er drehte sich wieder langsam um und tippte auf seinem ARA um das Datenpaket zur Weiterverteilung mit dem Satelliten zu teilen. Wenige Sekunden später war der Vorgang abgeschlossen und er konnte die Verbindung kappen. „Das Datenpaket ist abgeworfen“, sprach Burton zu sich selbst, da er hier ganz alleine war und der Satellit ihm nicht zuhören konnte.
Er schwebte wieder zurück zu seinem Jäger. Burton schwang sich zurück in seinen Sitz und verband sich wieder mit seinem Schiff. Seine Gedanken waren schon auf der Party, die in ein paar Stunden im Cosmic Groove stattfindet, die könne er um keines in der Welt verpassen! Burton schnallte sich wieder an und setzte seinen Kurs zum Mond Tempin.