Kapitel 3: Schwerelosigkeit

„Alte Lady erbittet um Starfreigabe von Hangar 7“, funkte Maik die Raumkontrolle der Schiffswerften an. Die Reparaturen waren abgeschlossen und die Schiffssysteme meldeten bereitschaft. „Raumkontrolle an Alte Lady, halten Sie sich bereit für Startfreigabe,“ kam als Antwort zurück und die Hangartore öffneten sich vor seinem Raumschiff. Das Bodenpersonal verzog sich von der Startplattform und nachdem die Hangartore vollständig geöffnet sind meldete sich erneut die Raumkontrolle: „Raumkontrolle an Alte Lady, Startfreigabe erteilt. Guten Flug.“ Maik war übereifrig und gab zu viel und zu ruckartig Schub nach oben. Die Lady folgte prompt der Eingabe und schnellte mehrere Meter in die Höhe. Maik musste gegenschub geben, damit sein neulakiertes Schiff nicht mit der Decke des Hangars kollidierte. Er brachte das Schiff wieder unter seine Kontrolle. Die Alte Lady schwebte nun nur noch zwei Meter über dem Boden. Er hatte zwar bei der Halcyon Erfahrung mit dem Steuern und Fliegen von kleinen Raumschiffen sammeln können, aber meist gab sein Vorarbeiter strickte Angaben, an die er sich halten musste. Jetzt war er sein eigener Kapitän und musste erst einmal lernen damit klarzukommen. Er gab sanft Schub nach vorne wo die Hangartore geöffnet auf ihn warteten und die Alte Lady folgte prompt seinem angedachten Kurs. Nachdem er die Tore und den Luftschild passierte lag das Sternenmeer offen vor ihm. Monad ging gerade im Osten von Ulma auf und die Lichter der Städte auf der Nachtseite funkelten Maik entgegen. Maik ging noch einmal sein Datenpaket der Regolith durch und gab die Rendezvous Koordinaten der Oblate-B in den Schiffscomputer. „Koordinaten verifiziert, Reisedauer im Sprung beträgt zwölf Stunden“, antwortete die Schiffs-KI der alten Lady. Auf seinem AR-Display bildete sich ein Flugkorridor welchem Maik mit zuversicht folgte. Die Route leitete ihn von der Station weg und endete in sicherer Distanz um den Sprungantrieb hochfahren zu können. Während das Schiff den größten Teil der Arbeit verrichtete lud er sich noch weiteres Kursmaterial der Regolith bezüglich dem Schürfen und dem Bergbau im Weltall auf sein ARA. Mit dem Material könne er die Zeit im Sprung überbrücken da er sonst nichts machen müsste. Die Alte Lady meldete, das sie von den Schiffswerften sich nun in sicherer Entfernung befanden. Maik lies den Sprungantrieb hochfahren und beschleunigte sein Schiff in Richtung Venezia Gürtel wo sich die Oblate-B befand. Er spürte wie er in seinen Pilotensitz gedrückt wurde. Der Druck wurde immer stärker und er sah auf seinem AR-Display wie er der Schwelle von 9 Kilogal immer näher kam. Sein Körper rebellierte und das Schiff kreischte unter der Last der Beschleunigung. Der Download war abgeschlossen, das Schiff erreichte 10 Kilogal und Maik schaltete den Sprungantrieb ein. Ein Lauter Knall war zu hören. Maik fühlte die Schwerelosigkeit als der Hauptantrieb automatisch sich abschaltete. Mit einer rasenden und konstanten Geschwindigkeit flog er durchs All. Wenige Sekunden später bemerkte Maik wie der Funkkontakt zum Kommunikationsgitter ausfiel. Er aktivierte die magnetischen Stiefel und stapfte langsam aber zielsicher in den hinteren Teil des Cockpits wo die Kaffeemaschine und ein bequemerer Stuhl auf ihn wartete. Er ließ sich von der Maschine einen Kaffee einschenken und dachte dabei wie alleine er nun hier draußen war. Die dünne Hülle des Schiffs ist war einzige was ihm vom im Weltall herrschendem Vakuum beschützte. Im falle der immer häufiger aufkommenden Piratenangriffen könne die Ballistische Kanone der alten Lady auch nicht viel ausrichten sodass am Ende die Notfallbake, genauso wie es bei Jonash der Fall war, nur noch von seinem Ableben berichten könnte. Die Kaffeemaschine piepte und er konnte das Heißgetränk in dem verschließbaren Becher mit zu seinem Stuhl nehmen. Er schob die Gefahren die er nun ausgesetzt war beiseite und widmete sich seiner Lektüre.


Zwölf Stunden später verkündete die Alte Lady ihre Ankunft bei den Rendezvous Koordinaten. Maik hatte gerade sein Lehrbuch zur Hälfte durchgelesen und stapfte wieder zu seinem Pilotensitz. Noch dreihundert Kilometer waren zu überwinden und Maik schnallte sich wieder an. Der Sprungantrieb deaktivierte sich mit einem leiseren Knall und der Hauptantrieb kam unter ächzten wieder online. Das Schiff stand für eine Weile stehen bis Maik wieder Schub gab um die letzte Strecke unter konventionellem Antrieb abzuschließen. Maik sah auf seinem ARA wie die Oblate-B Funkkontakt mit ihm und seinem Schiff aufbauen wollte. Mit einem Wisch akzeptierte er die Anfrage und die Raumkontrolle des Raffinerieschiffs meldete sich mit einer weiblichen Stimme prompt bei ihm: „Oblate-B an Alte Lady. Willkommen zurück im Gürtel! Wir haben uns schon gewundert wann du wieder auftauchst.“ Maik wusste erst nicht was er antworten sollte dann erinnerte er sich wieder an Jonash zurück. Er öffnete sein Mikrofon und antwortete: „Alte Lady an Oblate-B. Hier ist Maik Rendall, erbitte Landeinstruktionen.“ Die Frau am anderen Ende der Leitung war nun hörbar irritiert: „Maik Rendall von der Alten Lady. Sie können das Schiff am Arm 3 andocken. Instruktionen werden gesendet.“ Neben den Anfluginformationen empfing Maik auch eine Private Nachricht: „Hallo Maik, Jonash hatte von dir erzählt. Erzähl mir bitte was passiert ist. Ich bin später in der Kantine.“ Maik war nun sicher das dies genau die Person ist von der Jonash ihm erzählte. Er bestätigte Knapp den Empfang der Instruktionen und manövrierte wie befohlen zum Andockarm 3. Die Alte Lady war nicht das einzige Schiff an der Oblate-B. Maik konnte ein halbes Dutzend anderer Bergbauschiffe sehen die kontinuierlich anlegten, ihre Satteltaschen klärten und dann wieder mit geleerten Schiffen ablegten um tiefer in den Gürtel vorzustoßen. Er lag am zugewiesenen Andockarm an. Die Treibstofftanks seines Schiffes wurden befüllt und er konnte sich erst einmal auf dem Raffinerieschiff umschauen. Ein Mitarbeiter empfing ihn an der Luftschleuse und begleitete ihn in ein Besprechungsraum. Von hier hatte man einen guten Ausblick über ein paar der Andockmöglichkeiten der Raffinierie und in der Mitte des Raums war eine projizierte dreidimensionale Karte des Sternensystems mit einer Rasterung über den gesamten Venezia Gürtel. Der Mitarbeiter bedeutete ihn sich zu setzen und bat ihn sich an den Getränken zu bedienen. Es vergingen ein paar Minuten und weitere Personen wurden von anderen Mitarbeitern in den Raum geführt. Zuletzt kam eine Mitarbeiterin in einem blendend und anliegenden weißen Overall in den Raum. Sie nahm sich ein Schluck Wasser, stellte sich an die Projektion und begann zu sprechen: „Willkommen im Venezia Gürtel Cowboys. Ich bin Sabrine Zyota und kümmere mich darum das wir uns alle verstehen und der Tagesgeschäft der Raffinerie reibungslos verläuft. Macht keine Probleme, sorgt dafür das ihr eure Quota erreicht und ihr werdet teil einer guten Familie. Denn wir hier auf der Oblate-B sind eine Familie. Jeder passt auf den anderen auf und jeder handelt so gut er kann“, sie zählte die Personen im Raum und nahm anschließend ein Schluck. „Wir haben zwölf Anwärter und wie es das Schicksal will haben wir ausreichend offene Ansprüche in der nahen Umgebung der Oblate-B. Ich weise euch nun zu.“ Dann ging sie eine Liste an Namen auf ihrem AR-Display durch. Sie deutete für jede aufgerufene Person auf einen der Raster auf der Projizierten Karte woraufhin diese blau aufleuchtete. Dann rief sie Maik auf: „Maik Rendall, sie vertreten Jonash Malouf in seiner Abwesenheit. Sie werden seinem Anspruch zugeordnet.“ in ihrer Stimme schwang trauer mit. Maik lächelte ihr aufmunternd zu und machte sich eine Notiz auf seinem Computer. Dann ging sie ein paar weitere Personennamen durch und beendete die Besprechung: „Das wären dann alles. Eure angedockten Schiffe wurden bereits wieder aufgetankt und mit dem Kommunikationssystem der Oblate-B verbunden. Ihr seid startklar. Viel Erfolg da draußen.“ anschließend verließen die Anwesenden den Raum, Maik wartete aber auf Sabrine. Diese schüttelte ihn aber mit knappen Worten ab und vertröstete ihn auf Später. Maik versuchte sich zu erinnern durch welche Korridore er geführt und ließ sich schlussendlich von den Farblichen Markierungen entlang der Wände zu seinem Andockarm führen. Die Alte Lady erwartete ihn bereits und meldete das die Tanks gefüllt und die Satteltaschen leer sind. Maik forderte eine Startfreigabe an welche prompt von der einem anderen Raumkontrolleur bestätigt wurde. Die Magnetische Verriegelung und die Schläuche lösten sich und sein Bergbauschiff schwebte frei neben der Oblate-B. Er gab die Koordinaten seines Anspruchs in den Schiffscomputer woraufhin die Schiffs-KI meldete das sich der Anspruch nur dreihundert Kilometer entfernt war und ein Sprung nicht möglich war. Er musste also den Hauptantrieb bemühen und schob seinen Schubregler sanft nach vorn und steuerte auf die Koordinaten zu.


An den Zielkoordinaten angekommen sah Maik ein Meer aus Asteroiden von kleinen Perlen bis hin zu riesigen Felsen die um ein vielfaches größer waren als sein Schiff. Er hatte sich ein Leitfaden auf sein AR-Display geworfen um die ersten Schritte so leicht es ging zu bewältigen. Als erstes aktivierte er die Scanner Vorrichtung des Schiffes um von seiner unmittelbaren Umgebung eine detaillierte Bestandsaufnahme anzufertigen. Das Schiff hat die Antennen ausgefahren und Maik sah wie sich sein AR-Display langsam mit einer Karte der Umgebung füllte. Verschiedene Asteroiden wurden von der Schiffs-KI vorbemerkt und begann anschließend diese spektografisch zu analysieren. Maik beobachte das automatische Spiel und wartete auf das vollständige Ergebnis. Er schaltete den Radiosender der Oblate-B auf seine Kopfhörer damit er unterhalten wurde. Es lief seichte instrumentale Musik. Die ersten Markierungen lösten sich auf und verrieten dem Prospektor das es sich bei diesen Vorkommnissen um unedle Metalle handelten. Dann vermeldete die Schiffs-KI: „Spuren von Gold in einem Asteroiden gefunden. Distanz beträgt ein Kilometer.“ Die Karte auf seinem AR-Display zeigte die Position an. Maik rollte das Dokumente mit seiner zugewiesenen Quota aus und glich den Befund mit seiner Liste ab. Gold stand darauf und begeistert nahm er Kurs auf den Asteroiden. Wenige Minuten Später kam er an dem verheißungsvollen Asteroiden an. Die Scanner hatten während seines Annäherungsflugs bereits eine vollständige Abtastung durchgeführt. Ein erwartungsvolles und imponierendes Lied spielte und unterstrich die Situation bestens. Maik konnte auf seinem Leitfaden ein paar Punkte abhaken und widmete sich nun dem Hauptteil der Lektion. Er fuhr die Scanner Vorrichtung herunter und verlagerte die Energie auf die Bohrvorrichtung. Der Bohrer war eine Ansammlung aus mehreren unterschiedlich stark fokussierten Linsen welche die Oberfläche des Asteroiden mit pulsierenden Laserstößen aufbrechen konnte. Damit das Schiff nicht von dem resultierenden Staub und den losgelösten Brocken getroffen wird befand sich dieser Bohrlaser auf einem ausfahrbaren und voll artikulierten Arm. Maik blickte auf sein AR-Display und schob den detaillierten Scan vor sich damit sich dieser mit dem vor ihn liegenden Asteroiden überlagert. Mit seinen Joysticks konnte er die einzelnen Aperturen bewegen und steuern. Er zielte mit dem Bohrlaser auf die dünnste Stelle des Asteroiden um sich durch die Oberfläche zu arbeiten. Die Oberfläche schmelzte langsam und kleine Gastaschen die freigelegt wurden sorgten für kleine Explosionen die Staub und Geröll ins All beschleunigten. Dann sah er die erste Ader die im Scheinwerfer Licht funkelte. Er schaltete seine Kontrollen um und begann das weiter erhitzte innere und das fast flüssige Gold mit dem Sauger einzufangen. „Proben von Gold analysiert. Hochgradige Reinheit festgestellt“, verkündete die Schiffs-KI und Maik war stolz auf seinen ersten Fang. Er grub weiter im Asteroiden und die Satteltaschen füllten sich allmählich mit dem wertvollen Metall. Ein euphorisches Lied spielte nun. Seine Quota an Gold war mit diesem Asteroiden bereits zur Hälfte erledigt und er ließ sein Schiff nach weiteren Goldvorkommnissen und anderen Metallen und Materialien die auf seiner Liste standen suchen.


Als Maik gerade dabei war einen Asteroiden von seinem Beryllium zu befreien meldete die Schiffs-KI dass die Satteltaschen gefüllt seien und ein weiteres Abbauen nicht empfohlen ist. Maik fuhr enttäuscht seine Bohrvorrichtung herunter und verließ den Asteroiden der noch reich an Mineralien war. Er nahm wieder Kurs Richtung der Oblate-B auf und strich nach einer Stunde getaner Arbeit bereits sein Soll an Gold ab. Bei der Oblate-B angekommen meldete er sich und sein Schiff an. Sabrine meldete sich wieder am anderen Ende der Leitung: „Sehr gut Maik, bitte folge dem Flugkorridor zur Annahme der Satteltaschen. Diese werden dir per Greifarm entnommen also entriegel bereits die Verankerungen.“ Maik bekam neue Koordinaten und folgte diesen. Vor ihm waren bereits drei andere Bergbauschiffe und er konnte bei denen sehen was gleich bei ihm passierte. Die alte Lady nahm eine Halteposition an der Unterseite der Oblate-B ein und vier Greifarme fixierten sie zusätzlich. Dann kam ein Arm der die Satteltaschen ergriff und ins innere in der Raffinerie brachte. Nach ein paar Minuten wurden leere Satteltaschen in Maiks Schiff niedergelassen, dann löste sich die Arretierung und ihm wurde gestattet wieder unter eigener Kraft zu fliegen. Er verschwendete keine Zeit und flog wieder zurück in seinen Sektor. Maiks Glück, am Anfang seiner Schicht, hielt nicht an und so konnte er gerade noch die Hälfte seiner Quota erreichen. Enttäuscht machte er an der Oblate-B fest. Er und eine handvoll Anderer, der gleichen Schicht, wurden in den gleichen Besprechungsraum gebeten, wo sie erst vor wenigen Stunden ihren Dienst antraten. Die Nachbesprechung war kurz und hebte die erfüllten Quota von drei Mitarbeitern hervor. Der Mitarbeiter der die Besprechung führte wandte sich zu den anderen: „Ihr habt zwar euren Soll nicht erreicht. Aber ihr seid heute auch das erste mal im Dienst. Also nehmt es nicht so tragisch, es kann nur noch Bergauf gehen!“ Dann entließ er die Prospektoren in ihren verdienten Feierabend. Beim hinaus gehen empfing Maik eine Nachricht von Sabrine: „Ich bin in einer Stunde in der Kantine.“ Er machte sich auf diese zu finden.

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